Der Minderwert ist ein erstattungsfähiger Schaden, der damit begründet wird, dass ein Unfallwagen im Falle eines späteren Verkaufs einen geringeren Erlös erzielen kann, als vergleichbare Fahrzeuge ohne Vorschäden. Die Offenbarungspflicht eines Schadens hat erheblichen Einfluss auf das Vorliegen eines merkantilen Minderwertes.
Der Minderwert wird durch einen unabhängigen Sachverständigen im Gutachten gesondert ausgewiesen.
In vielen Fällen wird auch nach dem 5. Betriebsjahr bzw. einer Laufleistung von mehr als 100.000 km ein auszugleichender Minderwert feststellbar sein.
Bei Fahrzeugen, die zum Unfallzeitpunkt eine Zulassungsdauer von schon 5 Jahren oder auch eine Laufleistung von 100.000 km hinter sich haben, entfällt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine sog. merkantile Wertminderung überhaupt.
So hat der BGH VersR 1980, 46 f. (Urt. v. 18.09.79 - VI ZR 16/79) ausgesprochen:
"... Bei Pkw mag - von Ausnahmen abgesehen (BGHZ 35, 396 = VersR 61, 1043) - im allgemeinen eine Fahrleistung von 100000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts angesetzt werden können (vgl. 13. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1975, S. 8 im Anschluss an Jordan aaO S. 218; Schlund aaO; Darkow DAR 77, 62 (64). Das beruht auf der Überlegung, dass solche Pkw im allgemeinen nur noch einen derart geringen Handelswert haben, dass ein messbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintritt. ..."
In einem Urteil vom 23.11.2004 - VI ZR 357/03 - hat der BGH (DAR 2005, 78 ff.) seine Auffassung aber nicht grundsätzlich aufrecht erhalten, sondern durchaus eine Einzelfallentscheidung gefordert (im konkreten Fall allerdings trotzdem keine Wertminderung zugesprochen).
Unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung hat das Amtsgericht Erkelenz (Urteil vom 30.09.2008 - 6 C 215/08) ausgeführt:
"Ferner kann die Klägerin gemäß § 251 BGB die Zahlung einer nach Reparatur verbleibenden Wertminderung in Höhe von 200,00 Euro kraft ihrer Prozessstandschaft an die ... Bank verlangen. Beim merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen unmittelbaren Sachschaden dar (vgl. BGHZ 27, 181; 35, 396). Die Klägerin hat insofern substanziiert dargelegt, dass der Parteigutachter ... die Wertminderung unter Anwendung der Methode Ruhkopf/Sahm errechnet habe. Hiergegen ist nichts zu erinnern, da diese Methode seit langem als geeignete Schätzungsmethode für den Minderwert von KfZ anerkannt ist (vgl. Palandt/ Heinrichs , § 251, Rn. 15). Die Wertminderung von 200,00 Euro macht das Gericht daher zum Gegenstand seiner Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO.
Die Beklagten haben nicht behauptet, dass die Berechnung des Sachverständigen ... nach dieser Methode unzutreffend sei. Sie berufen sich vielmehr ohne Erfolg pauschal darauf, dass das KfZ zum Unfallzeitpunkt älter als 5 Jahre gewesen sei und daher eine Wertminderung ausscheiden müsse. Wie der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2005, 277) zutreffend ausführt, kann es zwar keine starre Grenze geben, ab welcher die Annahme einer Wertminderung in jedem Fall abzulehnen ist. Allerdings weist er zugleich darauf hin, dass in früheren Entscheidungen eine Grenzziehung bei 100.000 km Fahrleistung erwogen worden sei, weil Pkws dann im allgemeinen nur noch einen derart geringen Handelswert hätten, dass ein messbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr vorhanden sei. Aufgrund der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge (z. B. infolge längerer Haltbarkeit von Motoren, vollverzinkter Karosserien etc.) sei diese Faustformel aber fließend nach oben zu korrigieren. Demnach ist aber jedenfalls bei einer Laufleistung unterhalb von 100.000 km, wie sie vorliegend mit 84.876 km im Zeitpunkt des Unfalls gegeben war, und eines Pkw-Alters nur knapp über 5 Jahren (Erstzulassung: 28.10.2002; Unfall: 17.12.2007), der pauschale Hinweis der Beklagten auf das Alter des Pkws nicht geeignet, die Annahme einer Wertminderung in Zweifel zu ziehen. Da sich die merkantile Wertminderung vor allem auf den Verdacht potentieller Erwerber bezieht, es könnten bei dem Unfall verborgene Schäden zurückgeblieben sein, ist auch der Einwand der Beklagten nicht stichhaltig, dass wegen des Austauschs einer Tür Instandsetzungsarbeiten nicht erforderlich gewesen seien. Dies schließt nämlich den Verbleib verborgener Schäden an sonstigen Fahrzeugteilen nicht aus."
Allerdings scheint der ablehnende Standpunkt in neuerer Zeit eher aufzuweichen, vgl. OLG Düsseldorf (Urteil vom 26.06.2012 - I-1 U 149/11):
"Zu berücksichtigen ist, dass auch bei älteren Fahrzeugen mit hoher Laufleistung sich ein Unfall nachteilig auf die Preisbildung bei einem Verkauf auswirkt. Denn auch beim Verkauf älterer Fahrzeuge pflegt ein Käufer nach der Unfallfreiheit zu fragen und erwartet einen deutlichen Preisnachlass, wenn die Frage verneint werden muss. Deswegen hat der Senat für ein über fünf Jahre altes Fahrzeug mit einer Laufleistung von fast 140.000 km einen merkantilen Minderwert als ersatzfähigen Schadensposten anerkannt (Urteil vom 17.11.1986, Az.: I-1 U 229/85; veröffentlicht in MDR 1987, 1023). Insgesamt geht die Tendenz der Instanzgerichte dahin, auch bezogen auf mehrere Jahre alte Fahrzeuge mit hoher Laufleistung einen merkantilen Minderwertbetrag zuzusprechen (vgl. die Übersicht bei Eggert, Verkehrsrecht aktuell, 2010, 132, 134, 135, sowie bei Notthof in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 5. Aufl., Teil 4, Rn. 891, 892). Dem folgt aus den oben genannten Gründen im Grundsatz auch der Senat, auch wenn seine Ausführungen im Urteil vom 27.03.2012, Az.: I-1 U 139/11, in einem anderen Sinne aufzufassen gewesen sein können."
Quelle: Pressestelle des BGH, Juris